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1. Das Deutsche Reich - S. 131

1905 - Berlin : Mittler
131 It. Verkehrswege und Handel. A. Die Wege des Binnenhandels. 1. Die Landstrafsen. a. Geschichtliche Entwicklung- des Landstraßen- verkehrs. aa) Landstraßen bei den alten Kulturvölkern. In früherer Zeit, als es noch keine Eisenbahnen gab, hatten die Land- straßen eine viel höhere Bedeutung als heute. Trotzdem aber hat man viele Jahrhunderte hindurch in Deutschland ihrer Pflege wenig Sorgfalt zugewandt; von einem eigentlichen Straßenbau ist erst seit Ende des 18. Jahrhunderts die Rede. Anders stand es bei den alten Kulturvölkern. Schon die Perser zeichneten sich durch einen umfangreichen Straßenbau aus. Zu einer bewundernswerten Fertigkeit in der Anlage von Kunst- straßen haben es besonders die Römer gebracht. Wenn auch die römischen Wege in erster Linie politischen Zwecken dienten, so waren sie doch auch von Bedeutung für Handel und Ver- kehr. Mit dem römischen Kaiserreiche verfiel auch dessen Straßennetz, namentlich ging die feste innerliche Verbindung, die gerade für den Verkehr so bedeutungsvoll ist, verloren. Leider hatte kein europäisches Kulturvolk die Kunst des Straßen- baues von den Römern übernommen, und so sehen wir wäh- rend des Mittelalters und in der darauffolgenden Zeit bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Verkehrsstraßen in Deutschland in einem sehr vernachlässigten Zustande. bb) Die Landstraßen Deutschlands im Mittelalter. Die Straßen, auf denen sich während des Mittelalters vielfach ein reger Handelsverkehr vollzog, waren eigentlich nur festgefahrene und festgetretene Geleise mit den notwendigsten Brücken über tiefere Gewässer. An Ausbau und Unterhaltung der Verkehrs- wege wie bei den Römern wurde hier nicht im entferntesten gedacht. Donau- und Brennerstraße. Viele Jahrhunderte hin- durch hatte die Donaustraße für Deutschlands Handel mit 9*

2. Das Deutsche Reich - S. 159

1905 - Berlin : Mittler
159 Dadurch, daß der Weltpostverein unter seine Beförderungs- objekte auch kleinere Frachtgüter (Pakete) aufgenommen hat, besorgt er sogar einen Teil des internationalen Güteraustausches. Er bringt Produzent und Konsument in direkten Verkehr, schaltet den Zwischenhändler aus und wirkt so verbilligend auf den Warenaustausch ein. Da sich aber mit der zunehmenden Billigkeit einer Ware ihr Absatzgebiet erweitert, so ist klar ersichtlich, daß sich aus der Wirksamkeit des Weltpostvereins eine Steigerung des Warenumsatzes ergibt. In welch enger Berührung deutscher Welthandel und deutscher Weltpostverkehr stehen, mag die Tatsache beweisen, daß sie beide auf der Bahn des Fortschritts ein ungemein schnelles Tempo eingeschlagen haben. Seit etwa 30 Jahren weist der deutsche ausländische Postverkehr eine Steigerung von etwa 350°/0, der deutsche] Außenhandel eine solche von 220°/0 auf. Der Weltpostverein hat zugleich mit dem Einfluß auf die Entwicklung des internationalen Güteraustausches befruchtend auf die Weltschiffahrt eingewirkt. Die Post legt bei der Be- förderung ihrer Güter ganz besonderen Wert auf Schnelligkeit und Pünktlichkeit. Da erscheint es nun begreiflich, daß sie ihren Postgüterversand nur solchen Schiffen anvertraut, die den hohen Anforderungen der Postverwaltung entsprechen. Den zuverlässigsten und schnellsten Dampfern fällt die Postbeförde- rung zu. Es ist nahehegend, daß diese Verhältnisse einen eifrigen Wettstreit unter den internationalen Schiffahrtsgesell- schaften um Erlangung der überseeischen Postbeförderung ent- facht haben. Wer wiu aber da in Abrede stellen, daß damit ein bedeutungsvolles Moment für Hebung der Seeschiffahrt gegeben ist? Unter dem Einfluß der erwähnten Tatsachen hat denn auch eine ungemein schnelle Vermehrung der ozeanischen Seepostlinien stattgefunden, deren Zahl seit dem Jahre 1873 von 47 auf 245 angewachsen ist. Deutschland hat bei diesem Wettkampf der verschiedenen Nationen um diese überseeischen Postlinien gut abgeschnitten, denn in seinem Besitz befinden sich gegenwärtig 45 Weltpostlinien. Nur England hat mit 52 Linien einen kleinen Vorsprung. Doch kann es ohne Über- hebung gesagt werden, daß die deutschen Schiffahrtsgesell- schaften den englischen weit überlegen sind. Von den oben genannten 45 Postdampf Schiffahrtslinien des Deutschen Reiches stellen 11 die Verbindung mit Nordamerika,

3. Die Verkehrsländer des Deutschen Reiches, nach Wirtschaftsgebieten geordnet - S. 142

1908 - Berlin : Süsserott
I. Das chinesische Reich. A. Allgemeines. China, eines der ältesten unter den bestehenden Reichen der Erde, übertrifft mit einem Flächenraum von rund 11,3 Mill, qkm Europa an Größe und ist der größte selbständige Staat Asiens. An Bevölkerungszahl (426 Mill. Einwohner) steht es nur dem britischen Weltreiche nach. — Im Osten stößt es an den Großen Ozean, der es Amerika nähert, während seine Westspitze (Ostturkestan) in nicht allzu ferner Zeit eine vorteilhafte Eisenbahnverbindung mit Europa haben wird. — Der Bodengestaltung nach gehört China fast vollständig dem Gebiete von Hochasien an. Gib nach der Karte, vom Pamirhochland ausgehend, die Gebirgsumwallung im Süden und Nordosten sowie die bedeutendsten Gebirgszüge im östlichen Teile an ! Dem Gebiete von Hochasien sind im Osten das Chinesische und weiter nördlich das Mandschurische Tiefland vorgelagert. — Da Hochasien größtenteils abflußlos ist, so kann die Bewässerung Chinas nicht reichlich sein. Nenne die Flüsse, die mit ihrem ganzen Flußsystem China angehören, und gib ihre Mündung an ! Welche Flüsse gehören nur mit ihrem Oberlauf dem Reiche der Mitte an, und wohin münden sie? — Das Klima ist in den zentral gelegenen Teilen, besonders im Westgürtel, trocken und bringt kurze, heiße Sommer und lange, strenge Winter. Der Osten und Süden liegen dagegen im Gebiet der Monsune. — Wie überall dort, so ist auch in China die Bevölkerung sehr dicht (102 Menschen auf dem Quadrat- kilometer, am Jangtse-kiang sogar 564!), während in vielen Teilen Hochasiens nicht mehr als eine Person auf den Quadratkilometer entfällt. Der Chinese, der mongolischen Rasse angehörig, ist geschickt und fleißig; als Arbeiter (Kuli) paßt er sich schnell jedem Klima an und ist wegen seiner Anspruchslosigkeit in Australien, Amerika und Südafrika ein viel angefeindeter Konkurrent des weißen Arbeiters geworden. — Die altüberlieferte und noch streng festgehaltene Ein- teilung der Bevölkerung (Kasten) sowie das zähe Verharren in allen überkommenen Verhältnissen geben der chinesischen Kultur etwas Greisenhaftes. Neuerdings brechen sich langsam freiere Anschau- ungen Bahn.

4. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 3

1913 - Leipzig : Hahn
3 und dem wir alle seine Wohltaten zuweilen mit schnödem Undank gelohnt hatten. Fest und innig umschloß des Lehrers Hand die meine, und tief blickte er in meine von Tränen überströmenden Augen, als wollte er die Gedanken erraten, die auf dem Grunde des jugendlichen Herzens schlummerten. Wie lange wir so Hand in Hand und Auge in Auge einander gegenübergestanden haben, vermag ich nicht zu sagen. Erst die tiefbewegte Stimme des Lehrers befreite mich von dem Banne, der mich gefesselt hielt, und nie werde ich den Segenswunsch vergessen, den er mir zurief: „Gott bewahre dir dein kindlich dankbares Gemüt und deine reine Seele!" Mir war die Kehle in diesem Augenblicke wie zugeschnürt, und nur ein leises, schluchzendes „Behüt' Sie Gott!" dem Lehrer zurufend, stürmte ich leidenschaftlich erregt zur Türe hinaus. In dieser Stimmung war es mir unmöglich, sofort nach Hause zurück- zukehren und alle die neugierigen Fragen meiner kleinen Geschwister zu beantworten. Ich wandte mich daher nach der entgegengesetzten Seite und schlug einen schmalen, schattigen Pfad ein, der mich zu einem kleinen, von grünem Laubholz umkränzten Waldsee führte. Hier am Ufer des Sees warf ich mich auf das dichte, schwellende Moos des Waldbodens und ließ noch einmal alle die schönen, freudvollen Tage meiner Schulzeit vor meinem geistigen Auge vorüberziehen. Aber nicht nur der so sorglos und friedlich verlebten Vergangenheit gedachte ich in diesem Augenblicke, ich richtete meine Blicke auch in die noch dunkel vor mir liegende Auknnft. M. Ebeltng, Maurerbursche in Neustrelitz. 3. Das Handwerk. Lin Handwerk soll der Bub' nicht treiben; denn dazu ist er viel zu gut. Lr kann so wunderniedlich schreiben, ist so ein feines, junges Blut. Nur ja kein Handwerk — Gott be- wahrel Das gilt ja heute nicht für fein: „Und wenn ich mir's am Munde spare, es muß schon etwas Beff'res sein!" Das ist der wunde Punkt der Zeiten: ein jeder will aufs hohe Pferd; ein jeder will sich nobel kleiden, doch niemand seinen Schneider ehrt. Der Hände Arbeit kam zuschanden der Arbeitsbluse schämt man sich; das rächt sich noch in deutschen Landen, das rächt sich einmal bitterlich. Das Handwerk hat noch gold'nrn Boden, hält es nur mit dem Zeitgeist Schritt, folgt es den Künsten und den Moden, und bringt man Liebe zu ihm mit. wenn Bildung sich und Fleiß ver- mählen und tut der Meister feine Pflicht, mögt ihr es zum Beruf erwählen: es ist das Schlechteste noch nicht. Deutsche Töpferzeituuz. 4. Die Berufswahl. „Für einen Bauer ist er zu schwächlich, wird halt ein Pfarrer oder ein Schneider werden müssen!" Das war das Ergebnis der Be- ratung, die eines Abends über mich in der Stube des Waldbauern abgehalten wurde. Meine Mutter ging zu dem Geistlichen, Hilfe i*

5. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 110

1913 - Leipzig : Hahn
110 Da ist ein schön gelber Zeugstoff ausgestellt. Er ist mit Pikrin- säure gefärbt. Pikrinsäure, die auch einen wesentlichen Bestandteil des neuen, rauchschwachen Schießpulvers bildet, wird aus Steinkohlen- Leer gewonnen. Daneben befindet sich ein Schrank, der eine Zusammen- stellung verschiedenfarbiger Seidenstoffe enthält. Dieses leuchtende Rot, dies leuchtende Fuchsin, dies zarte himmelblau, dies saftige Grün, dies tiefe Schwarz, das alles sind Anilinfarben, die nach der Erfindung des Professors hoffmann aus Steinkohlenteer hergestellt werden. Eine andere Zusammenstellung gleich schöner Stoffe ist mit Alizarinfarben gefärbt, die nach der Erfindung tiebermanns ebenfalls aus Steinkohlenteer dargestellt werden. Der unangenehme Geruch, der sich in der Nähe dieser Stoffe geltend macht, rührt von Naphthalin her, das man zum Schutze gegen Motten eingestreut hat. Dies wirk- samste Mottengift gewinnt man aus Steinkohlenteer. Ebenso wider- wärtig empfindet man den Geruch der Karbolsäure, mit der man zur Desinfizierung den Fußboden besprengt hat und die auch aus Steinkohlenteer hergestellt wird, weniger lästig für den Geruchsinn wäre es wohl gewesen, wenn man zur Desinfizierung Salizylsäure verwendet hätte, die nach der Erfindung des Professors Kolbe eben- falls aus Steinkohlenteer gewonnen wird. Salizylsäure findet auch in der Heilkunde wirksame Verwendung. Ein anderes Heilmittel, das Antipyrin, das seinem Erfinder Dr. Knorr in Jena große Summen einbrachte, wird auch aus Steinkohlenteer verfertigt, ebenso das Phenazetin, das manche für wirksamer gegen Kopfschmerzen halten als das Antipyrin. In einem andern Raume der Ausstellung, in dem Seifen, wohl- riechende Gle und andere Wohlgeruchsmittel ausgestellt sind, scheint der Besucher einem Übermaß von Blumenduft ausgesetzt zu sein. Doch alle diese Wohlgerüche sind fast ohne Ausnahme aus Steinkohlen- teer destilliert. Es findet sich auch Gelegenheit, eine Erfrischung ein- zunehmen, ein Glas Eis und ein Stückchen Kuchen. Das Eis, das prächtig nach Vanille schmeckt und duftet, enthält aber keine Vanille, es ist mit Vanillin zubereitet, das aus Steinkohlenteer hergestellt wird. Der Kuchen ist vielleicht mit Saccharin gesüßt. Es ist dies der stärkste bekannte Süßstoff, der dreihundermal süßer als Zucker ist, so daß man mit ein oder zwei Messerspitzen so viel er- reicht als mit einem j)fund Zucker. Saccharin gewinnt man aus Steinkohlenteer, hiernach sollte man denken, man könnte alles aus Steinkohlenteer herstellen. Nun, nicht gerade alles, aber doch noch sehr viel mehr, als was hier angeführt ist. Die Auffindung der meisten dieser aus dem Steinkohlenteer ausgeschiedenen chemischen Stoffe stammt aus den letzten zwei Dritteln des neunzehnten Jahr- hunderts. Das ist begreiflich, da der Steinkohlenteer ein Rückstand der Gaserzeugung ist, die allgemeine Verbreitung erst während der letzten zwei Menschenalter gefunden hat. Nach L-unhardt.

6. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 118

1913 - Leipzig : Hahn
118 geschenkten Metalls, ermöglichte eine ausgedehnte Benutzung der wichtigen Erfindung. Eiserne Dampfkessel wurden gebaut, um den Dampf schon bei seiner Geburt in Fesseln zu schlagen, eiserne Maschinen, um ihn zur Arbeit zu zwingen. Zahlreiche andere Maschinen entstanden, um die gewonnene Arbeit nutzbar zu machen, um Wasser zu heben, zu spinnen, zu weben, Metalle, Holz, Steine zu bearbeiten und vielfache andere Aufgaben zu erfüllen. Jetzt erst war das Eisen im vollen Sinne des Wortes unentbehr- lich geworden; dennoch wuchs seine Bedeutung abermals, als man an- fing , die neue Betriebskraft auch zur Erleichterung des Verkehrs der Menschen untereinander zu benutzen. Mit der Erbauung der Eisenbahn im Jahre 1825 war die erste Masche eines eisernen Netzes begonnen, das alsbald einen großen Teil des bewohnten Festlandes umspannen sollte. Die Anlage und die Unterhaltung dieses Eisennetzes, sowie das rasche Emporblühen gewerblicher Anlagen überall, wo Eisenbahnen entstanden, riefen alsbald eine Steigerung des Eisenverbrauchs ins Ungeheure hervor. Aus dem achtzehnten Jahrhundert besitzen wir leider keine Nachrichten über die jährliche Eisenerzeugung der Erde. Am Anfange des neunzehnten Jahrhunderts, also zu einer Zeit, da durch die Einführung der Dampfkraft jedenfalls der Eisenverbrauch erheblich gewachsen war, betrug die jährliche Eisenerzeugung etwa 400000 Tonnen. In der Gegenwart beträgt sie un- gefähr 50 Millionen Tonnen. Sie hat sich also im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts auf das 125fache gesteigert. Nimmt man den Wert einer Tonne Eisen in dem Zustande, wie es das Eisenwerk verläßt, zu durch- schnittlich 100 Mark an — die meisten Sorten Walzeisen, Gußwaren usw. werden auch in ungünstigen Zeiten erheblich höher bezahlt —, so ergibt sich ein Gesamtwert der jährlichen Eisenerzeugung von 5000 Millionen Mark. Die Erzeugung von Eisen, diesem bei weitem billigsten aller Metalle, übertrifft die aller übrigen Metalle zusammen an Gewicht um fast das Zwanzigfache, an Geldwert um das Anderthalbfache. Das Eisen ist in der Tat zum wichtigsten Metall der Erde geworden. Wenn man dem Menschen das Gold, das Silber, das Kupfer oder irgend ein anderes Metall außer dem Eisen nähme — er würde unleugbar manche An- nehmlichkeiten des Lebens entbehren müssen, aber er würde sich Ersatz durch andere Metalle zu schaffen wissen, und sein Gesittungszustand würde kaum einen erheblichen Rückschritt erfahren. Welche Zustände aber ein- treten würden, wenn plötzlich das Eisen von der Erde verschwände, ist man schwerlich imstande, sich deutlich zu vergegenwärtigen. Unsere Kleidung, unsere Beleuchtung, unsere häusliche Ausstattung, unsere Literatur — alles, alles wird mit Hilfe eiserner Werkzeuge, eiserner Maschinen, eiserner Ver- kehrswege beschafft. Ganz unmöglich würde es sein, in unserer Zeit das Eisen durch andere Stoffe zu ersetzen. Nach Ledebur. 59. Auf den Gold- und Diamantfeldern Südafrikas. Läge Johannesburg in Europa, so würde ich die Behauptung wagen, es sei trotz mancher großartigen Bauten einer der am wenigsten ansprechenden

7. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 127

1913 - Leipzig : Hahn
127 die hier ihr Tagewerk verrichteten, kahl, öde, schwarz, ohne eine Bequem- lichkeit, durchtost von einem nie abbrechenden, nervenzerreißenden Geräusch grell zusammenklingender Töne. Und doch lag über dem allen auch Adel und Poesie. Nicht nur, wenn von oben das Sonnenlicht hereinflutete und selbst den Schmutz und das Eisen verklärte, sondern auch wenn eia grauer Himmel das Kahle, Öde, Schwarze noch kahler, öder, schwärzer erscheinen ließ. Das war die Poesie eines großen ineinander grei- fenden Getriebes, das hier ruhelos und doch in gleichmäßiger Bewegung sich auswirkte, der Adel menschlicher Arbeit, die hier an einer einzigen Stelle von mehr als hundert Menschen im Kampfe ums Brot, um Leben und Genuß tagaus, tagein getan wird. P. Göhre. 63. Keine Luft. Als vor ungefähr hundert Jahren ein bengalischer Nabob mit den in Kalkutta ansässigen Engländern in Streit geriet, ließ er 146 derselben m ein Gefängnis legen, das durch die entsetzliche Bezeichnung „schwarzes Loch" allgemein bekannt war. Der Raum maß ungefähr fünf Meter im Quadrat und besaß nur enge Luftlöcher. Die Gefangenen wurden mit gezogenen Schwertern hineingetrieben und die Tür sofort hinter ihnen geschlossen. Unbeschreiblich waren die Schrecknisse jener Nacht, wie sie die wenigen Überlebenden schilderten. Die Unglücklichen schrien laut um Erbarmen und suchten die Tür ge- wausam einzudrücken — doch vergebens! Sie erhielten zur Antwort, man könne nichts tun ohne den Befehl des Nabob, dieser aber schlafe und dürfe nicht geweckt werden. Da steigerte sich die Verzweiflung der Gefangenen zum Wahnsinn. Sie warfen einander zu Boden, sie kämpften um einen Platz an den Fenstern. Ihre Qualen steigerten sich; sie rangen, sie tobten und flehten die Wache an, auf sie zu schießen. Doch diese hielt Lichter au die ver- gitterten Fenster und verlachte laut ihre Opfer. Allmählich legte sich der Tumult; man hörte nur noch leises Stöhnen und Wehklagen. Der Tag graute, der Nabob erwachte und ließ die Tür öffnen; es dauerte eine ganze Weile, bis die Soldaten den Überlebenden Bahn machen konnten, indem sie auf beiden Seiten die Leichen aufeinanderhäuften. Dreiundzwanzig hohlwangige, bis zur Unkenntlichkeit entstellte Männer wankten aus dem Leichenhause, die 123 Toten wurden sofort in eine Grube verscharrt. Wenn auch das Klima, die große Hitze Indiens ihre Qualen steigerten, so fft es doch Tatsache, daß jene Männer an schlechter Luft starben. Das Atmen besteht bekanntlich darin, daß unsere Lungen blasebalg- artig Luft ausströmen und einziehen. Die Luft, die wir einziehen, ist sauerstoffreiche, frische Luft, die ausgeströmte ist sauerstoffarm und ungesund. Einen Teil des Sauerstoffs haben die Lungen zurückbehalten und ihn mit dem Blute vermischt. Wenn wir einen Menschen in einen Kasten einsperren, wo keine frische Luft ihn erreichen kann, so muß er dieselbe Luft immer

8. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 203

1913 - Leipzig : Hahn
203 im wahrsten Sinne des Wortes betäubender Lärm dringt zu unz herauf. Über das weiße Marmorgeländer hinunter sehen wir in einen Saal, in welchem aufgeregte, schreiende Menschen durcheinauderwirbeln, sich in Gruppen zusammendrängen, besonders in einer Ecke in lebens- gefährlichem Gedränge sich stauen. Hunderte, Tausende von Händen sieht man in die Luft gestreckt, Tausende von Menschen schreien, und der Widerhall, zurückgeworfen von der gewölbten Decke des mehr als drei Etagen hohen, riesenhaft langen Saales, dröhnt in unsere Ohren wie das Summen und Surren einer großen Dynamomaschine. Es geht jedem Besucher so, der zum erstenmal auf die Börsengalerie tritt. Er braucht einige Zeit, um sich zu sammeln, um sich an die auf das Ohr einstürmenden Töne zu gewöhnen, ja um ein gewisses Angst- gefühl loszuwerden. Der mächtige Saal da unten, der größte Berlins, in dem wohl bequem zehntausend Menschen Platz hätten, ist in drei gleich- große Teile durch Säulenreihen geteilt, und unten bewegen sich jetzt in der Börsenzeit zwischen zwölf und drei Uhr gleichzeitig ungefähr 3500 Personen. Da jedoch einzelne von ihnen nur kürzere Zeit bleiben und durch Neuankommende ergänzt werden, Verkehren in der Börsenzeit un- gefähr 6000 Personen in dem Saale. Lassen wir zunächst den äußeren Eindruck auf uns wirken! In der nach Norden gelegenen Abteilung, deren Galerie wir zuerst betraten, geht es am lautesten zu, herrscht der meiste Verkehr. Schreiten wir auf der langen, schmalen Galerie an der Westseite des Riesenbaues weiter, so ent- decken wir, daß in der zweiten Abteilung eine fast vornehme Ruhe herrscht und daß in der dritten eigentlich gar nichts los ist. Diese dritte Ab- teilung diente früher den Zwecken der Produktenbörse, welche infolge von Streitigkeiten zwischen der Regierungsvertretung und den Börsenleuten ge- schlossen war und deren Wiedereröffnung erst vor kurzem erfolgte. Hier geht es recht friedlich zu. Man sieht nur kleine sich unterhaltende Gruppen, und das furchtbare Geschrei und Getöse aus der nördlichen Abteilung dringt nur gedämpft, aber immer noch deutlich genug zu uns herüber. Leicht ist es allerdings nicht, für alles eine Erklärung zu geben, und es ist für den Laien recht schwer, in das Wesen der Dinge einzudringen, die sich da unten abspielen. Was machen die viertausend Menschen da unten im Börsensaal? Die Antwort lautet: Sie kaufen und verkaufen. Sie kaufen und ver- kaufen Werte und Wertpapiere, und die ganze Börse ist nichts als ein Markt, dessen Waren nicht Produkte der Natur oder der Menschenhand sind, sondern Geld. Geld wird gekauft und verkauft, mit Geld wird gehandelt. Die Börse da unten ist, wenn man von der Produktenbörse absieht, lediglich eine Effektenbörse, und unter Effekten versteht man Papiere, welche einen gewissen Geldeswert darstellen, also Staatsschuld- . scheine, Aktien von Bergwerken, Brauereien, Hütten, Transportanstalten usw. Dieses Effektengeschäft aber an der Börse ist ein doppeltes, ein effek- tives und ein Differenzgeschäft. Wenn sich jemand eine gewisse Summe Geldes gespart hat, sagen wir fünfhundert Mark, so versucht er,

9. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 213

1913 - Leipzig : Hahn
213 Fahl glänzt am gelben Sperliugsfrack Thurn-Taxis Wappenknopf. Lr raucht uralten Rauchtabak aus braunem Ulmerkopf. Er raucht und spricht: ,,G Lrdenball, wie anders schaust du drein, seit ich mit Sang und Peitschenschal- einst Postdienst tat am Rhein." Jetzt rennt der Dampf, jetzt brennt der wind, jetzt gilt kein Früh und Spat — die Sonne malt, und blitzgeschwind Brief schreibt der Rupferdraht. Joseph Viktor von Scheffel. 94. Die Probefahrt auf der ersten Eisenbahn von Liverpool nach Manchester. Liverpool, den 26. August 1830.*) Meine teure Helene! Ein kleines Blatt Briefpapier reicht für die Liebe aus, aber ein großer Schreibpapierbogen gehört dazu, wenn es gilt, eine Eisenbahn und meim Begeisterung aufzunehmen. Es war einmal ein Mann zu Newcastle, der war ein gewöhnlicher Kohlenhäuer. Dieser Mann hatle ein außer» ordentliches Konstruktionstalent, das sich darin kundgab, daß er einmal seine Uhr auseinandernahm und wieder zusammensetzte, ein andermal em Paar Schuhe in den Feierabendstunden machte, endlich — hier ist eine große Lücke in meiner Geschichte — brachte es ihn mit seinem Kops? voll von Plänen für den Bau einer Eisenbahn von Liverpool nach Manchester vor ein Komitee des „Hauses der Gemeinen". Aber es traf sich, daß dieser Mann neben der schnellsten und kräftigsten Auffaflungs- und Er- findungsgabe, neben unermüdlichem Fleiße und rastloser Ausdauer, neben den genauesten Kenntnissen der Naturkräfte, die er für seine Zwecke brauchte, so gut wie gar keine Gabe zum Sprechen hatte. Er konnte so wenig sagen, was und wie er es tun wolle, als er fliegen konnte. Als daher die Parlamentsmitglieder in ihn einredeten und fragten: „Da ist ein Felsen sechzig Fuß hoch zu durchbrechen, dort sind die Dämme von ungefähr gleicher Höhe aufzuschütten, da ist ein Sumpf von fünf Meilen Länge zu übersetzen, in dem ein hineingesteckter Stab von selbst versinkt — wie wollen Sie das alles ins Werk setzen?" so erhielten sie nichts zur Antwort als im breiten northumberischen Dialekt: „Ich kavn's euch nicht sagen, wie ich's tun werde, aber ich sage euch, daß ich es tun werde." Und sie entließen Stephenson als einen Schwärmer. Da er aber in eine Gesellschaft von Liverpools Gentlemen kam, die weniger ungläubig waren und die nötigen Fonds aufbrachten, so wurde im Dezember 1826 der erste Spatenstich getan. — Und nun will ich Dir von meinem gestrigen Ausflug erzählen. Eine Gesellschaft von sechzehn Personen wurde in einen großen Hof gelüsten, wo unter Dach einige *) Dieser Brief ist von Miß Kemble, Tochter des berühmten Schauspieler? Kemble, der mit eingeladen worden war, an der Probefahrt teilzunehmen.

10. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 262

1913 - Leipzig : Hahn
262 dagegen hielten die Kunde für echt und begehrten den Ausmarsch auf morgen, nur konnte keiner genau sagen, wohin man eigentlich marschieren solle. Um den Streit zu schlichten, forschte man nun — freilich etwas spät — genauer nach, woher denn eigentlich jene geheime Kunde gekommen. Der Bürgermeister sagte, er habe sie vom Zunftmeister der Gerber, der Zunftmeister, er habe sie von seinem Wachtposten am Bachtor, ver Wachtposten, er habe sie von einem fremden Bauern, der in voriger Woche frühmorgens zwischen Licht und Dunkel ans Tor gekommen sei, woher sie aber der Bauer habe, das wisse er nicht. Nun hatten die Zweifler gewonnen Spiel. „Auf solche Gewähr," riefen sie entrüstet, „ängstet man die ganze Stadt und will uns gar vors Tor sichren, daß wir dem Dachs desto sicherer in den Rachen laufen!" Da schallte aus den hintersten Reihen der Zuhörer eine dröhnende Baßsttmme: „Die Nachricht ist dennoch echt; morgen zieht der Dachs aus seiner Höhle!" „Wollt ihr etwa bürgen für den fremden Bauersmann?" fragte strafend der Bürgermeister den unberufenen Redner. „Ja, denn der Bauer war ich selber!" antwortete die Stimme, und zugleich sah man die hohe Gestalt Michaels des Schmieds aus der Menge sich emporrichten. „Und wer hat euch jene Mär aufgebunden?" „Ich erlauschte sie von des Ritters Leuten, da ich vorige Woche, wie gewöhnlich, des Abends als Bauer verkleidet den Söldnerbauer und seine Tochter besuchte." „Das ist kein zuverlässiger Bote, der auf Liebesabenteuer zieht, indes wir hier, wie auch ihm ziemte, den Schlaf uns abbrechen, um die Stadt zu bewachen!" rief der Gerberzunftmeister, der Befehlshaber am Bachtor. Ruhig erwiderte Michel Leimsieder: „Hättet ihr wirklich die Stadt bewacht, so hätte ich nicht auf Liebesabenteuer ausziehen können. Denn sehet, ich bin in den letzten vierzehn Tagen sechsmal bei Nacht über die Mauer gesttegen und durch den Graben gewatet, hart neben eurem Bach-- tor, und keiner hat mich erblickt." Diese kurze Zwiesprach begann die Sttmmung der Menge bereits zu wenden. Man drängte und schob den Schmied in den engeren Ring; vielen dämmerte es schon, daß der Leimsieder allein schweigend gehandelt habe, während die anderen bloß redeten, wie man handeln solle, und daß der einzige Polttikus in der Stadt ein Verliebter sei. Alle lauschten atemlos den weiteren Antworten Michels, die so kurz und schwer fielen, wie Hammerschläge auf den Amboß. „Warum," siagte der Bürgermeister, „habt ihr mir nicht sofort pflichtmäßig Anzeige gemacht von dem erlauschten Geheimnisse?" „Weil ich gern meine eigenen Pfade im füllen gehe, und den nächt- lichen Weg zum Söldnerbauer hättet ihr mir doch gar zu gerne verlegt. Übrigens glaubtet ihr ja alle, was ich dem Wachtposten entdeckte, unge- prüft. Also konnte ich schweigen. Heute, wo man laut zu zweifeln be- ginnt, rede ich."
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